Weil wir häufig gefragt werden, warum wir an den Gegendemos zu den Impfpflichtgegnern teilnehmen, möchten wir hier unseren Standpunkt klar machen:
Vorab: Es geht uns nicht um die Diskussion über eine Impfpflicht. Bei uns sind viele dabei, die auch gegen eine gesetzliche Impfpflicht sind, viele finden auch die Maßnahmen nicht in Ordnung und viele sind unzufrieden mit der Regierung. Warum positionieren wir uns dann trotzdem auf der Gegenseite und was hat die Impfpflicht und das Kritisieren der Maßnahmen mit Nazis zu tun?
Auf den ersten Blick überhaupt nichts. Wir leben in einem freien Land und jeder darf seine Meinung äußern – auch lauthals auf der Straße. Wir behaupten auch nicht, dass alle, die dort mitmarschieren, Nazis seien, im Gegenteil – viele kommen aus dem linken Spektrum oder sind „ganz normale“ Menschen, die verunsichert und besorgt sind und denen es tatsächlich um die Impfpflicht geht, die man durchaus kontrovers diskutieren kann.
Auf den zweiten Blick sollte man sich aber einige Argumente anhören, die vor den Märschen in Ansprachen und Reden geäußert werden. Da geht es um nichts anderes als um das Abschaffen unserer Demokratie. Es ist die Rede davon, alle Politiker vor einen neuen „Nürnberger Prozess“ zu stellen, wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu verurteilen und alle einzusperren, es geht um das Schaffen eines „neuen Systems“. Es werden nachweislich falsche Behauptungen zu Corona und zur Impfung verbreitet, die häufig aus rechtsextremen und/oder verschwörungsgläubigen Quellen kommen. Es werden permanent Begriffe wie „Diktatur“, „Verbrechen“, „Genozid“, „Völkermord“, „Great Reset“, „Regime“, „Zensur“ benutzt, bis sie auch dem bürgerlichsten Menschen in Fleisch und Blut übergegangen sind und er gar nicht mehr hinterfragt, ob er tatsächlich in einem „faschistischem Regime“ lebt, in dem niemand mehr seine Meinung sagen darf und demnächst „Ungeimpfte behandelt werden wie die Juden im 3. Reich“.
Es werden latent rechte und verschwörungsideologische Begriffe und Ideologien in die Reden eingebracht, so dass sich diese immer mehr etablieren und bald nicht mehr hinterfragt werden. Geht man noch tiefer ins Eingemachte stößt man schnell auf antisemitische Verschwörungstheorien, Aufrufe zu Gewalt gegen Politiker, Journalisten und Ärzte. Wir unterstellen niemandem, der da mitmarschiert, dass er unbedingt dieses Gedankengut teilt, prangern aber an, dass er sich instrumentalisieren lässt, um, unter dem Deckmantel es ginge um die Impfpflicht, ganz andere Inhalte, nämlich rechte und verschwörungsideologische, in die bürgerliche Mitte zu transportieren.
Aachen, 05.02.2022